Flugschein erhalten, und dann?

Nachdem ich drei Jahre immer weiter auf meinen Flugschein hingearbeitet habe, habe ich letzten Herbst die Scheinprüfung erfolgreich bestanden. Man ist stolz darauf, doch wie geht es nun weiter? Außer dem 50 km Flug, der in der Scheinausbildung beinhaltet ist, und zwei 100 km Flügen mit Fluglehrern im Doppelsitzer, fehlten mir bis jetzt grundsätzliche Streckenflugerfahrungen. Doch damit war dieses Wochenende endlich Schluss, denn mit „Iceman” ging es im Teamflug auf 300 km Strecke!

 Uns Scheininhabern, die noch wenig mit Überlandflügen zu tun gehabt haben, fehlt oft der Übergang erfolgreich in den Streckenflug einzusteigen und dabei vernünftig in jedem Flug seine fliegerischen Fähigkeiten zu verbessern. Dieses Problem erkannten Jan, Felix und Iceman und wollen uns diesbezüglich die nächsten Saisons als „Trainer” an die Hand nehmen. Letzten Freitag luden sie uns ins „Alpha Lima” ein, damit wir unsere und deren Vorstellungen eines solchen Trainings besprechen konnten. Als Unterricht bieten sich die Möglichkeiten einer Vor- und Nachbereitung des eigenen Überlandfluges, Theorieunterricht und Doppelsitzer- und Teamflüge an. Am späten Abend analysierten wir noch schnell das Wetter zum Wochenende. Und siehe da – Sonntag wird es perfektes Wetter zum Überlandfliegen geben!

Sonntag, 9 Uhr: Wer will was fliegen? Es wird kurz besprochen, wer welches Flugzeug fliegen möchte: So ergibt es sich, dass ich alleine die Ls4-b (D-2922) den ganzen Tag nutzen kann. Da Iceman auch sein Privatsegelflugzeug (OZ) geholt hat, macht er mir das wunderbare Angebot, mit ihm im Teamflug (mehrere Flugzeuge fliegen zusammen eine Strecke) ein 300 km Dreieck zu fliegen. Ich bin natürlich sofort begeistert, denn Zuhause habe ich mich nur auf ein 150 km Dreieck vorbereitet und nun bietet sich die Chance, die doppelte Strecke zu fliegen.

Also Ls4-Hänger holen und Flugzeug aufbauen, danach checken und schon mal alle seine Sachen für den Flug heraussuchen. Dann bespreche ich mit Iceman die zu fliegende Strecke, Funkfrequenzen, Ersatzfrequenzen, worauf man achten muss usw. Strecke: Oerlinghausen, Edersee, Ithwiesen, Borgholzhausen, Oerlinghausen -> 300 km. Dann werden noch die Aufgaben auf die Flugrechner geladen und dann packe ich alle meine Sachen in das Flugzeug. 11:30 Uhr und wir stellen uns an die Winde an.

11:50 Uhr: Iceman startet, findet Anschluss an die Thermik und steigt. Bei mir sieht es schon schwieriger aus. Ich fliege nur noch im Sinken und versuche noch irgendwo einen Bart zu finden. Auf 300 m Höhe am Hang und einige Minuten später, ich bereitete mich schon innerlich wieder auf die Landung vor, finde ich glücklicherweise einen Bart, der zieht – teilweise mit bis zu 5 m/s. Auf 700 m Höhe wechsle ich die Frequenz und ich kreise weiter bis auf 1600 Meter MSL. Iceman und ich in einem Bart unter einer kräftig ziehenden Wolke – es kann losgehen. Ich fliege Richtung Detmold vor, da wir um das ED-R 112A und Luftraum Paderborn östlich herumfliegen müssen.

Nachdem wir über Detmold waren, geht es Richtung Edersee. Jede Wolke hat starke Thermik, die einen aufwärts bringt. Unterwegs treffen wir noch andere Flugzeuge. Alles läuft problemlos, bis wir zum Edersee kommen. Die Wende liegt genau im Blauen, keine einzige Wolke und nach den Erfahrungen gibt es überall zwischen den Wolken 2 bis 3 m/s Sinken. Wir entschließen uns jedoch, nicht noch einmal an der letzten Wolke bis zur Basis zu kurbeln, sondern fliegen weiter. Weil wir nach der Wende wieder zurückfliegen müssen, um an eine Wolke zu kommen, ergibt sich eine große Strecke ohne Wolken. Letztendlich verlieren wir an 800 m Höhe und haben nur noch 450 Meter über Grund. Zum Glück zieht die nächstliegende Wolke zuverlässig, sonst wären wir auf dem Flugplatz Muehleberg/Waldeck nördlich des Edersees gelandet.

Wir erreichen wieder 1600 m Höhe und fliegen auf Luftraum Kassel zu. Iceman und ich entschließen uns darüber hinweg zu fliegen, was sich jedoch nicht als einfach erweisen wird. Einige Wolken südlich des Luftraumes haben die Wolken kaum noch Aufwinde, wir flogen mit diesem Wissen weiter. Da es zwischen den Wolken zusätzliches starkes Sinken gibt, sinken wir rapide. Auf 1100 Meter sind wir nur noch 300 Meter über der Luftraumgrenze. Wir können zwar aus dem Bereich rausfliegen, jedoch genau ins Blaue mit hohem Außenlanderisiko. Also suchen wir Thermik. Glücklicherweise finden wir welche, die mit der Höhe immer stärker wird und wir kommen in Richtung Wende Nr. 2 aus dem Bereich des Luftraumes Kassel heraus.

Seit langer Zeit schon ist Iceman derjenige, der immer voraus fliegt. Das liegt daran, dass er immer schneller an der Basis angekommen ist. Ich merke, meine Konzentration ist nicht mehr 100 Prozent: Ich kurbel zu schnell und zentriere zu langsam.  Trotzdem schaffen wir mit ausreichender Höhe Wende Nr.2 Ithwiesen und halten Kurs auf Borgholzhausen. Wir nähern uns aufgrund der Wolkenstraßen mehr dem Teuto und irgendwann ist Oerlinghausen in Sicht. Doch wir wollen ja noch weiter! Wir müssen immer öfter in der Thermik kreisen, da die Wolken nicht mehr flächenweise, sondern mehr punktuell sehr starke Thermik entwickeln. Bevor wir am 3. Wendepunkt ankommen, teilt mir Iceman mit, dass ich unbedingt nach dem Flugrechner zu fliegen habe und nicht mehr ihm folgen soll. Ich versteh erst nicht, doch plötzlich fliegt er nach Norden und mein Logger sagt Richtung Süden. Nach der Wende verstehe ich: Das auffällig Windrad stimmt nicht mit den Koordinaten in der Position überein. Da wir den Flug aber angemeldet haben, müssen wir ja um die Wende herumfliegen.

Noch einmal kreisen, bis mir mein Rechner +500 Meter (ohne zusätzliche 300m Sicherheitshöhe eingerechnet) anzeigt. Nun heißt es über Bielefeld hinweg mit 150 km/h abzugleiten und die Landung einzuleiten. Landung um 16:30uhr, Flugzeit 4 Stunden und 40 Minuten, Strecke 318 km.  Vor dem Abrüsten besprechen wir beide noch den Flug und dann ist der Tag auch schon fast vorbei.  Vielen Dank an Iceman, dass er mir durch so einen anschaulichen Flug Erfahrungen vermitteln konnte.

Was habe ich dabei gelernt?

• Durch mangelnde Konzentration nimmt der Kurbelanteil deutlich zu!

• Wenn man nicht weiß, wie die Thermik in der folgenden Strecke wird, lieber noch einmal kurbeln!

• Ebenfalls eher um Lufträume herumfliegen, als in diese unerlaubt einzufliegen! • Wendepunkte stimmen nicht immer in ihrer Position mit den Ortschaften oder Gebäuden überein!

• Wie heißt es? Auch aus Fehlern lernt man! Durch diesen Teamflug habe ich viele Erfahrungen gesammelt. Dafür, dass wir erst am Freitag das Konzept „Überlandflugtraining” besprochen haben, hat es sich Sonntag schon sehr gut bewährt. Ich hoffe, dass ich weitere solche schönen Flüge erleben werde und wünsche den anderen jungen Scheininhabern ebenfalls ein solch schönes Streckenflugtraining.

 

Tristan:  http://www.onlinecontest.org/olc-2.0/gliding/flightinfo.html?flightId=745053675 

Iceman:  http://www.onlinecontest.org/olc-2.0/gliding/flightinfo.html?flightId=744116580